... stark für Menschen

„Wenn ich daran denke, bekomme ich eine Gänsehaut“

Michael Lofink im Gespräch: Er freut sich auf Weltspiele in Berlin Weltspiele "als Leuchtturm für Integration und Inklusion".
Vorneweg: 2019 gewann Michael Lofink zwei Goldmedaillen bei den Weltspielen von Special Olympics in Abu Dhabi. Foto: SOD/Sascha Klahn
Gemeinsam mit Schwimmerin Jennifer Kurz und Handball-Profi Patrick Groetzki von den Rhein-Neckar Löwen ist Michael Lofink Werbe-Gesichter der Landesspiele in Mannheim. Foto: A. Seeboth

Mosbach. In gut einem Jahr starten die „Special Olympics World Games“, die Weltspiele für Sportlerinnen und Sportler mit geistiger und mehrfacher Behinderung, in Berlin. Unmittelbar davor kommen rund 70 Gäste aus der Mongolei nach Mosbach und Schwarzach, um beim „Host Town“-Programm Land und Leute kennenzulernen. Einer, der an der erfolgreichen Bewerbung der beiden Gastgeber-Kommunen maßgeblichen Anteil hatte, ist Michael Lofink. Der Mosbacher Doppel-Goldmedaillen-Gewinner im Radfahren der vergangenen Weltspiele in Abu Dhabi – im Hauptberuf Bäcker im Kultur- und Begegnungszentrum fideljo der Johannes-Diakonie – ist heute Vorsitzender des Athletenrats von Special Olympics Baden-Württemberg und damit Mitglied des Präsidiums, Teilhabeberater sowie Ansprechpartner zur Prävention Sexualisierter Gewalt bei Special Olympics Deutschland. Im Interview spricht der 41-Jährige über die kommenden sportlichen Großveranstaltungen und über die „Herausforderung Host Town-Programm“.

Herr Lofink, im kommenden Jahr ist Deutschland erstmals Gastgeber von Special Olympics-Weltspielen. Was erwartet die Besucher dieser Großveranstaltung in Berlin?
Michael Lofink: Das Erlebnis Weltspiele ist schwierig zu beschreiben. Ich kann vor allem sagen: Es sollte jeder einmal dabei gewesen sein. Jeder Besucher und jede Besucherin wird die offene und warmherzige Atmosphäre und das besondere Miteinander zu spüren bekommen. Wenn ich daran denke, bekomme ich sofort wieder eine Gänsehaut. Ich hoffe sehr, dass diese Weltspiele in Deutschland ein Leuchtturm für Integration und Inklusion werden.

Sie waren als Mitglied eines inklusiven Projektteams maßgeblich an der erfolgreichen Bewerbung von Mosbach und Schwarzach als „Host Town“ im Vorfeld dieser Weltspiele beteiligt. Ist es ihrer Erfahrung nach inzwischen die Regel, dass in Projektteams für Themen, die Menschen mit Assistenzbedarf betreffen, diese auch selbst mitwirken?
Es ist zumindest mal keine Ausnahme mehr. Menschen mit Assistenzbedarf werden generell mehr eingebunden als noch vor einigen Jahren. Konkret zu dem Projektteam für die „Host Town“-Bewerbung kann ich sagen, dass das ein gutes Miteinander auf Augenhöhe war. So wie es sein soll.

Was war dabei ihre Rolle?
Als Athlet und Teilnehmer bei den vergangenen Weltspielen und damit auch bei einem „Host Town“-Programm konnte ich am besten beurteilen, was es für Sportlerinnen und Sportler bedeutet, in einem fremden Land zu Gast zu sein und welche Herausforderungen dabei zu meistern sind.

Welche Herausforderungen sind das denn? Worauf kommt es an, wenn die Gäste aus der Mongolei in Mosbach und Schwarzach ankommen?
Wichtig ist, die Athletinnen und Athleten nicht zu überfordern. Sie kommen ja nach einer langen Anreise hier an. Sie brauchen Entspannung, Erholung, wollen vor ihren Wettkämpfen zur Ruhe kommen. Natürlich geht es auch darum, die Kultur eines Gastgeberlandes zu vermitteln, regionale Sehenswürdigkeiten zu zeigen, Aber alles in Maßen. Wir reden hier schließlich über Sportlerinnen und Sportler vor dem vielleicht wichtigsten Wettkampf ihres Lebens. Dafür will man fit und erholt sein. Und vielleicht vorher auch mal Zeit zum Einkaufen haben [lacht].

Noch einmal zurück zum Thema Mitwirkung. Wo sehen Sie hier noch Verbesserungsmöglichkeiten, auch jenseits des Sports?
Ich bin ein großer Unterstützer von sogenannten Tandems von Menschen mit und ohne Assistenzbedarf. Das bedeutet, dass diese beispielsweise im Bereich der Stadtplanung beim Bau von öffentlichen Gebäuden eingesetzt werden, um Barrieren zu erkennen oder zu vermeiden. Das geschieht leider noch viel zu selten.

Waren Sie selbst schon einmal Teil eines solchen „Tandems“?
Zumindest so in etwa. In der Folge der „Host Town“-Bewerbung wurde ich von der Stadt Mosbach in die Erstellung einer neuen Radwegekonzeption mit einbezogen. Auch als geschulter Teilhabeberater für Special Olympics werde ich künftig Städte und Kommunen im Bereich Sport unterstützen, wie Menschen mit Assistenzbedarf besser in Vereine integriert werden können.

Gutes Stichwort: Ist es schwierig für Menschen mit Assistenzbedarf, in Vereinen gemeinsam mit Menschen ohne Assistenzbedarf Sport zu treiben?
Ja, leider nach wie vor.

Warum?
Schwierig sind hier vor allem die Barrieren im Kopf bei den Vereinsverantwortlichen. Hier herrscht oft große Unsicherheit. Auch fehlen häufig geschulte Ansprechpartner, die Sicherheit vermitteln und beraten, welche Angebote Vereine machen können. Das ist schade, denn Menschen mit Assistenzbedarf können eine große Bereicherung sein. Darüber hinaus kann es für Menschen mit Assistenzbedarf schwierig sein, zum Training und danach wieder nach Hause zu kommen und auch der Kostenfaktor kann ein Hindernis darstellen.
Aber es gibt auch positive Beispiele, die ich selbst kenne. So wie das Kraft-Werk in Schwarzach. Hier findet seit Jahren ein gutes Miteinander statt, hier trainieren alle Menschen gemeinsam. So sollte es überall sein.

Im Juli finden die Landesspiele von Special Olympics Baden-Württemberg in Mannheim statt. Sie sind neben der Schwimmerin Jennifer Kurz und Handball-Profi Patrick Groetzki von den Rhein-Neckar Löwen eines der Werbe-Gesichter der Landesspiele, lächeln von großen Plakaten. Wie kam es dann dazu?
Ich bin schon seit gut zwei Jahren Mitglied des Organisationskomitees der Landesspiele, vertrete dort die Athletinnen und Athleten. Und dabei wurde ich gefragt, ob ich nicht auch für die Landesspiele werben möchte – wofür ich natürlich gerne bereit war. Das war ein spannendes und professionelles Fotoshooting, das viel Spaß gemacht hat.

Werden Sie auch als Athlet in Mannheim am Start sein?
Ja, das wird wahrscheinlich mein einziger echter Wettkampf dieses Jahr sein. Denn bei den nationalen Spielen in Berlin, die auch dieses Jahr stattfinden, werde ich als Helfer vor Ort sein. Die nationalen Spiele sollen die Generalprobe für die Weltspiele 2023 werden, und da will ich unbedingt wieder dabei sein. Auf diese besondere Atmosphäre freue ich mich unheimlich – nur dieses Mal nicht als Athlet, sondern eben als Helfer.

Termine:
19. bis 24. Juni 2022:
Special Olympics Nationale Spiele in Berlin
13. bis 16. Juli 2022:Special Olympics Landes-Sommerspiele in Mannheim
17. bis 25. Juni 2023:Special Olympics World Games in Berlin

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