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Umzug ins virtuelle Klassenzimmer

Virtuelles Klassenzimmer: BBW-Lehrer Thorsten Ringwald unterrichtet seine Schüler über das Konferenzsystem „Vitero“.

Mosbach. Montagmorgen, 11 Uhr. Berufliche Fachkunde steht für die angehenden Bürokaufleute auf dem Stundenplan. Nach und nach finden sich die Schüler ein, und der Unterricht beginnt. Doch während Thorsten Ringwald sonst seine Klasse persönlich vor sich sitzen hat, sieht er jetzt nur Profilbilder seiner Schüler auf seinem Computerbildschirm. „Aber das macht nichts, solange wir uns hören können“, erklärt er. Ringwald ist Lehrer und Abteilungsleiter im Berufsbildungswerk (BBW) Mosbach-Heidelberg der Johannes-Diakonie. Zwei Klassen mit insgesamt 14 Schülern unterrichtet er via Web, seit der Vor-Ort-Unterricht im BBW wegen der Corona-Epidemie ruht. Gerade rechtzeitig vor der Corona-Krise waren Lehrende am BBW durch eine eigene Schulung im „e-Coaching“ fit gemacht worden. Nun zahlt sich diese Maßnahme aus.

„Vitero“ heißt das Konferenzsystem, das Ringwald als virtuelles Klassenzimmer nutzt und das zum Digitalen Weiterbildungscampus des Landes Baden-Württemberg gehört. Das System wurde am BBW bisher nur in einzelnen Fällen genutzt. Doch wegen der Corona-Krise ist es nun in größerem Maßstab im Einsatz. Der Grund: Nachdem der Vor-Ort-Betrieb am BBW wie in fast allen anderen Bildungseinrichtungen ausgesetzt wurde, muss der Unterricht auf andere Art erteilt werden. Der digitale Kanal zu den BBW-Auszubildenden war für Ringwald die naheliegende Lösung. „Wir konnten den Unterricht innerhalb eines Tages vom Klassenzimmer ins Web verlagern“, berichtet er. Die technische Umstellung sei den Schülern erstaunlich schnell gelungen, Probleme zum Start konnten rasch gelöst werden. Einschränkungen gibt es wenige. Unterrichtsmaterialien können von den Schülern heruntergeladen werden oder werden eingeblendet. Sogar einen Test hat Ringwald bereits schreiben lassen. Die Auszubildende Linda Lusiardi ist dankbar, dass der Unterricht trotz Corona weitergeht. Sie ist im dritten Lehrjahr und möchte im Sommer ihren Abschluss machen: „Da ist es gut, dass wir über das Internet mit unserem Lehrer in Verbindung sind, lernen und Aufgaben machen können.“

Auch die praktische Ausbildung nutzt digitale Kanäle: Je nach Fach und technischer Ausstattung kommt der Stoff auf unterschiedlichen Wegen zu den Lernenden. Den Vorreiter macht der Ausbildungsbereich „IT-Anwendungsentwicklung“, über den das BBW seit rund zwei Jahren verfügt. Hier wurden der digitale Campus Moodle oder die Konferenzplattform „Open Meeting“ für das E-Learning am BBW zur Verfügung gestellt. Doch auch in der handwerklichen Ausbildung kommt digitale Technik zum Einsatz: Auszubildende im Fach Hauswirtschaft dokumentieren etwa praktische Übungen per Foto und schicken die Ergebnisse an ihre Ausbilderin. Zwar erreichen digitale Kanäle noch nicht alle BBW-Auszubildenden. Teilweise wird Lernmaterial auch noch per Post versandt. Dennoch sieht BBW-Schulleiter Andreas Hannak im virtuellen Raum große Chancen für die Nach-Corona-Zeit, etwa für BBW-Teilnehmer, die wegen Erkrankungen nicht am Vor-Ort-Unterricht teilnehmen können. „Schon jetzt können wir den Schub bei digitalen Anwendungen im Unterricht erkennen“, berichtet Hannak. „Und vielleicht können wir in einigen Jahren rückblickend über die Corona-Zeit sagen: Das war unser Durchbruch zur Digitalisierung.“

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