... stark für Menschen

Gemeinsam gegen Einsamkeit

Vor allem alte Menschen können leicht vereinsamen. Dagegen helfen schon kleine Gesten. Foto: Diakonie/Kathrin Harms

Mosbach. Einsamkeit ist längst keine Randerscheinung mehr – sie betrifft Menschen aller Altersgruppen und kann krank machen. Darin waren sich die Vertreterinnen und Vertreter des Gemeindepsychiatrischen Verbunds (GPV) im Neckar-Odenwald-Kreis anlässlich des Welttags der Seelischen Gesundheit einig. Unter dem Leitthema „Besser gemeinsam als einsam“ diskutierten Dr. Karsten Rudolf (Ärztlicher Direktor, Diakonie-Klinik Mosbach der Johannes-Diakonie), Susann Oltmanns-Heller (Leiterin des Sozial-psychiatrischen Dienstes im Diakonischen Werk Neckar-Odenwald-Kreis), Dr. Martina Kirsch (Leitung der Suchtberatung im Neckar-Odenwald-Kreis) und Felicitas Tumfart (Leiterin Sozialpsychiatrie bei der AWO Neckar-Odenwald), wie soziale Beziehungen psychisch stabilisieren – und was fehlt, wenn sie verloren gehen.

„Soziale Kontakte sind einer der wichtigsten Faktoren für psychische Gesundheit“, betonte Dr. Rudolf. Studien zeigten, dass insbesondere junge Menschen trotz permanenter Online-Präsenz zunehmend Einsamkeit empfinden. „Ein Chat ersetzt keine echte Begegnung. Nähe, Blickkontakt und gemeinsames Erleben sind durch kein Medium zu ersetzen“, so der Ärztliche Direktor der Diakonie-Klinik, zu der auch eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie gehört. Junge Frauen und Mädchen seien eine besonders betroffene Risikogruppe. Mit der Einsamkeit steige das Risiko, eine psychische Störung zu entwickeln. Rudolfs Forderung: „Wir müssen jungen Menschen deutlich machen, wie wichtig es ist, auch einmal Zeit ohne das Handy zu verbringen.“

Auch Susann Oltmanns-Heller berichtete von wachsender Vereinsamung. In der Tagesstätte des Diakonischen Werks in Buchen fänden täglich bis zu 20 Menschen mit psychischer Erkrankung einen geschützten Ort des Austauschs. „Einsamkeit ist in vielen Beratungsgesprächen ein Thema. Bei uns darf man einfach da sein – auch still.“ Denn Oltmanns-Heller ist überzeugt: „Schon das Gefühl, aufgehoben zu sein, wirkt heilsam.“ Felicitas Tumfart, zuständige Fachbereichsleiterin der AWO Neckar-Odenwald ergänzt aus ihrem Erfahrungsschatz: „Selbstwert und Zugehörigkeit zu erleben, ist ein Schlüssel zur Genesung.“

Ob Medien oder Drogen: Einsamkeit ist auch ein häufiger Begleiter auf dem Weg in eine Sucht. Umgekehrt hilft Gemeinschaft, Suchterkrankungen zu überwinden. Dr. Martina Kirsch motiviert Betroffene immer, soziale Kontakte zu suchen, und hat häufig die positive Wirkung von Selbsthilfegruppen erlebt: „Teilweise werden daraus sogar Freundeskreise.“

Einigkeit bestand in der Runde darin, dass gesellschaftliche Strukturen Einsamkeit begünstigen – etwa durch digitale Vereinsamung oder fehlende Begegnungsräume. Vor allem alte, pflegebedürftige Menschen seien gefährdet, wenn kein familiäres Netz da sei und dem Pflegedienst sogar die Zeit für einige herzliche Worte fehlt. „Wir müssen das Miteinander wieder stärken – in Familien, Schulen, Vereinen und Nachbarschaften“, das folgert Dr. Rudolf. Dazu könnten alle beitragen, und so motiviert der Experte eigene Möglichkeiten zu nutzen, um Einsamkeit entgegenzutreten: „Jeder sollte schauen, wo er sich einbringen kann. Ein Anruf, ein Besuch oder ein gemeinsames Spiel – kleine Gesten haben große Wirkung.“

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