... stark für Menschen

„Den Billardtisch gibt es heute noch“

Ihr vor 25 Jahren entstandenes Foto ist in der Ausstellung „Die Kunst der Nächstenliebe“ zu sehen: Günter Rettinger (li.) und Jochen Merkel.

Mosbach/Schwarzach. „Weißt Du noch…?“ Oder: „Wie hieß der nochmal?“ Günter Rettinger und Jochen Merkel schwelgten bei ihrem Wiedersehen in Oberschwarzach in Erinnerungen. Der Grund für ihr Zusammentreffen nach Jahren: Ein Foto der beiden beim Billardspiel, das vor 25 Jahren in Schwarzach während der Ausbildung von Jochen Merkel zum Heilerziehungspfleger entstand, ist nun Teil der Fotoausstellung „Die Kunst der Nächstenliebe“. Die Ausstellung, ist ab dem 22. September 2022 in der Mosbacher Stiftskirche zu sehen.

Die Wanderausstellung erzählt von jungen und alten Menschen, die während er vergangenen Jahrzehnte in diakonischen Einrichtungen sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland lebten und leben. Die 42 Fotografien zeigen Porträts aus dem Alltag von Menschen mit Beeinträchtigungen – mit all den Gefühlen wie Unsicherheit, Frohsinn, Konzentration, Selbstbewusstsein, Trauer, Angst. Gefühle, die alle Menschen kennen. Durch die Auswahl der Fotografien werden Gemeinsamkeiten aller sichtbar. So wird deutlich, dass Inklusion nicht nur ein soziales und institutionelles, sondern zugleich ein emotionales Thema ist. Inklusion beginnt zunächst im Bewusstsein eines jeden Einzelnen.

Zwei der Bilder der Ausstellung zeigen Menschen, die in der Johannes-Diakonie in Mosbach und Schwarzach lebten und arbeiteten. Und auf einem sind Günter Rettinger und Jochen Merkel zu sehen. „Das Bild entstand in meinem ersten Ausbildungsjahr. Günter und ich spielten im ,Treffpunkt‘ während einer Praxisanleitung eine Partie Billard“, erinnert sich der heute 49-Jährige. „Und den Billardtisch gibt es heute noch“, ergänzt Günter Rettinger.

Die Wege der beiden trennten sich zum Ende des Ausbildungsjahres von Jochen Merkel. Der Heilerziehungspfleger arbeitete nach seinem Abschluss bei der Lebenshilfe Sinsheim und ist inzwischen bei den „Lebenswerkstätten“ in Bad Friedrichshall beschäftigt. Der bekennende TSG-Hoffenheim-Fan Günter Rettinger wohnt heute in einer ganz in blau-weiß gehaltenen Wohnung der Johannes-Diakonie in Oberschwarzach und arbeitet beim Möbel- und Bauelemente-Unternehmen Dieter Haag in Aglasterhausen. Und hier kreuzten sich die Wege der beiden auch schon vor der anstehenden Ausstellung wieder: „Ihr habt doch erst vor kurzem bei mir in Michelbach neue Fenster eingebaut“, stellt Jochen Merkel lachend fest.

„Die Kunst der Nächstenliebe“ ist bis zum 13. Oktober in der Stiftskirche zu sehen. Zur Eröffnung am 22. September um 18 Uhr werden neben der Berlinerin Dr. Ursula Röper, die für Idee und Konzeption der Ausstellung verantwortlich ist, auch der Fotograf und Autor Dietmar Riemann erwartet. Von ihm stammen einige der Bilder der Ausstellung, die er in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung in Ostdeutschland aufgenommen hat. Riemann lebt seit über 30 Jahren in Mosbach. Im Gespräch mit Pfarrer Richard Lallathin wird er auch über die Entstehung der Fotos sprechen. Für die musikalische Gestaltung sorgt Peter Bechtold mit Mitgliedern des Singkreises und der Orffgruppe der Johannes-Diakonie.

Im weiteren Begleitprogramm findet am Sonntag, 25. September, 10.10 Uhr, ein Gedenkgottesdienst für die Mosbacher und Schwarzacher Opfer der NS-„Euthanasie“ in Zusammenarbeit mit der Mosbacher Stiftsgemeinde in der Stiftskirche statt. Am Donnerstag, 29. September, 18 Uhr, lesen in der Stiftskirche Autoren des „jo!-Magazins“ – erstellt von Menschen mit Behinderung der Johannes-Diakonie – aus verschiedenen Ausgaben des Magazins. Die Abschlussveranstaltung zur Ausstellung findet am Mittwoch, 12. Oktober, 18 Uhr, ebenfalls in der Stiftskirche mit einem Konzert der inklusiven „Brenz-Band“ aus Ludwigsburg statt. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Angeboten werden darüber hinaus nach Absprache Führungen über Gedenkort „Maria-Zeitler-Pfad“ sowie ein Kreativwettbewerb für Schülerinnen und Schüler im Neckar-Odenwald-Kreis ab Klassenstufe 5.

Info: Alle Details zur Ausstellung unter www.johannes-diakonie.de/ausstellung und www.die-kunst-der-naechsetnliebe.de

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