Mosbach. „Fechtstellung! Und los!“ Für Rico gehört das Kommando von Steve Bopp inzwischen wie selbstverständlich zum Trainingsalltag. Der Elfjährige verliert denn auch keine Zeit und geht auf der Fechtbahn in der Halle des Fecht-Club Mosbach mit seinem Degen zum Angriff über. Rico gehört zu den Klienten der Johannes-Diakonie, die seit einigen Monaten fester Bestandteil des Kinder- und Jugendtrainings des Vereins sind. Das und die Begleitung durch Steve Bopp konnte einerseits durch das Projekt „Teilhabe durch Sport“ der Johannes-Diakonie ermöglicht werden. Andererseits zeigte der Club große Offenheit, Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen gleichermaßen ein Sportangebot zu machen.
„Die Kinder gehören inzwischen fest dazu. Sie werden vermisst, wenn mal einer nicht zum Training kommt“, freut sich Steve Bopp. Einmal pro Woche holt er die Neu-Fechter in ihrem Zuhause in Schwarzach ab, begleitet sie beim Training und fährt die Kleingruppe anschließend wieder nach Hause. Die Tatsache, dass Bopp als Jugendlicher ein erfolgreicher Kaderfechter war und heute gelernter Psychiatrie-Krankenpfleger ist, erleichtert dieses Engagement. So kann er Vereinstrainer Jürgen Poerschke bei dessen Arbeit mit über 20 Kindern und Jugendlichen unterstützen. Die Finanzierung der Betreuung der Klienten der Johannes-Diakonie ist durch das Projekt der Johannes-Diakonie gewährleistet. „Steve ist ein Glücksfall bei dieser Kooperation mit der Johannes-Diakonie“, so Poerschke.
Rico, Luca und Dejan hätten während der vergangenen Monate nicht für möglich gehaltene Fortschritte gemacht, erzählt Steve Bopp weiter. Hatten alle zunächst das Fechttraining nur beobachtet, führen alle nun bereits eine feine Klinge und messen sich auch mit Kindern und Jugendlichen, die seit vielen Jahren den Fechtsport betreiben. „Besonders auffällig ist allerdings die persönliche Entwicklung aller“, so Bopp. „Sie sind offener, ausgeglichener, suchen Kontakt, bauen Selbstvertrauen auf und fühlen sich als vollwertiger Teil der Gruppe.“ Das sei keine Selbstverständlichkeit bei Kindern mit einer Beeinträchtigung, deren Verhalten oft als „herausfordernd“ angesehen wird. „Aktuell ist für andere eher herausfordernd, wenn die Jungs von ihren Erfolgen im Training berichten“, lacht Bopp.
Die Kooperation mit dem Fecht-Club sei ein Musterbeispiel für das, was das Projekt „Teilhabe durch Sport“ erreichen will, so Projektleiter Michael Walter: Klienten der Johannes-Diakonie sind Teil einer inklusiven Trainingsgruppe, ein Trainingsbegleiter unterstützt die Übungsleiter vor Ort, die Klienten werden in den Verein als Mitglieder integriert. Das führe letztlich zu einer stärkeren Akzeptanz von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft und fördert deren Selbstwertgefühl. „Um das zu erreichen, braucht es aber zunächst die Bereitschaft eines Vereins“, sagt Walter. Auch sei diese individuelle Assistenz derzeit nur durch die Unterstützung der „Aktion Mensch“ möglich, die das Projekt maßgeblich fördert.
Rico, Luca und Dejan sind derweil nach dem Fechttraining inklusive eines intensiven Gruppen-Abschlussspiels mit Ball und ohne Degen ausgepumpt und hungrig. „Ich habe gehört, wir gehen jetzt Burger essen“, sagt Dejan mit einem schelmischen Grinsen. „Da habe ich aber etwas anderes gehört“, lacht Steve Bopp – und fährt zufriedene Sportler nach Hause.