... stark für Menschen

Ohne Wohnung keine Zukunftsplanung

Geflüchtete und Helferinnen hoffen auf eine neue Wohnung: Ruslan Reka und Juliia Zavialova (vorne). Hinten v. l.: Vitalina und Valentina Zavialova. Nadja Taschetta und Iryna Karashchuk.

Eberbach. Wird Vitalina Zavialova nach ihrer Flucht gefragt, kommt sie sofort ins Reden. So sehr haben sich die Ereignisse in ihr Gedächtnis eingebrannt. Der russische Überfall und die gefährliche Fahrt durch die Ukraine sind ihr noch ebenso eindrücklich in Erinnerung wie die Ankunft in Polen, die überfüllten Flüchtlingslager, schließlich die weitere Flucht nach Deutschland. Mit ihrer Mutter Valentina und ihrer gehbehinderten Schwester Juliia, zwei Katzen und einem Hund hat sie sich vor einem Jahr aus der Ostukraine nach Deutschland gerettet. Nun lebt die Familie zusammen mit Mitbewohner Ruslan Reka, ebenfalls aus der Ukraine geflüchtet, in Eberbach in einer Wohnung der Johannes-Diakonie. Die Flüchtlinge werden begleitet von Johannes-Diakonie-Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen. Das Problem: In ihrer jetzigen Wohnung können sie nicht bleiben, denn diese wird für andere Zwecke benötigt. Zwar wird die Miete bis zu einer bestimmten Wohnungsgröße vom Sozialamt getragen. Doch ein neues, barrierefreies Zuhause zu finden ist schwierig für die Familie wie auch für den ebenfalls gehbehinderten Ruslan Reka.

Dabei waren die Zavialovas froh, in Eberbach zur Ruhe gekommen zu sein. Hier fühlen sich Vitalina und ihre Angehörigen gut aufgenommen. „Wir kennen inzwischen viele Menschen, Deutsche und Ukrainer.“ Ihre Mutter geht oft in den nahegelegenen Wald, um Kräuter zu sammeln, so wie zu Hause, vor dem Krieg. Vor allem aber bekommt ihre Schwester Juliia die nötige Unterstützung, kann zum therapeutisch notwendigen Schwimmen gehen und zum Malen in eine nahe gelegene Galerie. Für beide Schwestern haben zudem Deutschkurse begonnen.

Unterstützung im Alltag kommt von der Johannes-Diakonie. Die Einrichtung mit Sitz in Mosbach engagierte sich bald nach Kriegsausbruch in der Begleitung von ukrainischen Flüchtlingen, insbesondere von Flüchtlingen mit Behinderung. Ehrenamtskoordinatorin Tanja Bauer, Integrationsbeauftragte Nadja Taschetta, die ehrenamtliche Übersetzerin Iryna Karashchuk und eine weitere ehrenamtliche Helferin schauen regelmäßig bei der Familie Zavialova vorbei. „Wir helfen bei Anträgen, organisieren Arzttermine und vermitteln Deutschkurse“, erklärt Tanja Bauer. Ähnlich wie der kleinen Wohngemeinschaft in Eberbach hilft die Johannes-Diakonie noch rund 20 weiteren Geflüchteten mit und ohne Behinderung rund um Mosbach und Eberbach, darunter viele Mütter mit ihren Kindern. Diese Arbeit wird von der Aktion Mensch gefördert.

Ruslan Reka ist dankbar für diese und die weitere Unterstützung, die von vielen Seiten kommt. Er hofft wie die Familie Zavialova, dass sich eine Wohnung für die weitere Zeit in Deutschland findet. Im Gegensatz zu Juliia nutzt er keinen Rollstuhl, sondern allenfalls einen elektrisch betriebenen Scooter für längere Strecken und kann sich zumindest eingeschränkt bewegen. „Nur ein Parkplatz für mein Fahrzeug wäre wichtig.“

Dass die Dauer ihres Aufenthaltes noch ungewiss ist, darüber sind sich die ukrainischen Geflüchteten in Eberbach im Klaren. Auch wenn ihr größter Wunsch die Rückkehr in Frieden ist, stellen sie sich darauf ein, eine längere Zeit in Deutschland zu verbringen. „Deswegen ist jetzt eine Wohnung das wichtigste für uns“, erklärt Vitalina. „Denn wenn man ständig eine Bleibe sucht, kann man nicht für die Zukunft planen.“

Kontakt
Angebote und Hinweise auf mögliche Wohnungen nimmt Tanja Bauer, Ehrenamtskoordinatorin der Johannes-Diakonie, gerne entgegen. Telefon: 06261 88-845, E-Mail: tanja.bauer@johannes-diakonie.de.

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